Fusionswellen – Zum Schaden der Verbraucher

Die europäische Stahlindustrie befindet sich in gefährlicher Schieflage. Gewaltige Überkapazitäten stellen eine Bedrohung für viele Firmen dar. In China führen massive staatliche Subventionen dazu, dass das Land seinen Stahl zu einem Preis auf den Weltmarkt drücken kann, der weit unter den Herstellungskosten liegt. Stahlerzeugnisse aus hocheffizienten europäischen Anlagen werden so vom Markt gedrängt.

Die europäische Stahlbranche reagiert nun auf den Druck: Nachdem es zu einer Fusionsspirale auf dem chinesischen Markt kam, zieht jetzt Europa nach. Thyssen-Krupp und Tata wollen fusionieren. Davon ist Deutschland direkt betroffen. Tausende Arbeitsplätze sind durch den Zusammenschluss hierzulande gefährdet.

Die Bundes- und die Landesregierung in NRW haben bisher keine Antwort parat, um die Stahlbranche auf den richtigen Kurs zu bringen. Wenn die Industrie langfristig eine Chance haben will, muss sie den Weg in die emissionsfreie Zukunft suchen. Hier gibt es bereits vielversprechende Ansätze, die staatlicher Förderung bedürfen.

Europa kann als Innovationsstandort ökologischer Stahlproduktion aber nur erfolgreich sein, wenn handelspolitische Schutzinstrumente effektiv Anwendung finden. Neben ihren positiven Auswirkungen, kann die Globalisierung auch zu einen Wettbewerb nach unten bei Arbeitsbedingungen und Umweltschutz führen. Es ist ein richtiger Schritt, dass auf europäischer Ebene Antidumpingmaßnahmen neuerdings auch dann verhängt werden können, wenn Länder sich nicht an soziale und ökologische Mindeststandards halten. Denn auch das ist Wettbewerbsverzerrung.

Nicht nur in der Stahlbranche finden Fusionen immer häufiger als Reaktion auf Fusionswellen außerhalb Europas statt. Solche weltweiten Fusionsspiralen und die damit verbundene steigende Marktkonzentration schaden vor allem Verbrauchern und Arbeitnehmern. In Europa haben wir mit dem Wettbewerbsrecht ein Instrument zur Verfügung, das Marktmacht effektiv begrenzt. Das fehlt auf globaler Ebene. Die Debatte um ein globales Wettbewerbsrecht samt zugehöriger Institutionen muss wieder aufgenommen werden. Ein Anfang ist gemacht, wenn Wettbewerbsfragen zukünftig Eingang in Handelsverträge finden.

Quelle: Dieser Gastbeitrag ist erstmals in der Frankfurter Rundschau erschienen

 

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