Offener Brief an OB Roters zur Situation von Roma

16.09.14 | Kreisverband

OFFENER BRIEF
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Lieber Jürgen Roters,
Sie haben die Situation der Roma in Serbien für unbedenklich erklärt, behaupten es gebe in Serbien keine Verfolgung und haben sich für eine Einstufung von Serbien als sicheres Herkunftsland ausgesprochen (vgl. KSTA 16.9.2014). Damit haben Sie Serbien für seine katastrophale Roma-Politik einen Blankoscheck ausgestellt. Mit Ihrer Forderung treffen Sie gleichermaßen Roma wie  auch Lesben, Schwule und Transgender, die dort massiver Diskriminierung und zum Teil nicht-staatlicher Verfolgung ausgesetzt sind.
Amnesty international und pro asyl fassen die Menschenrechtssituation wie folgt zusammen: „Die Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina lässt die Einstufung als “sichere Herkunftsstaaten” nicht zu. Minderheiten und Homosexuelle werden extrem diskriminiert. Roma leben oft in Slums am Rande der Gesellschaft – meist ohne Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung, Wasser oder Elektrizität. Selbst dort sind sie oft von Zwangsräumungen bedroht. Hetze und rassistische Angriffe sind an der Tagesordnung. Die Staaten schützen Menschen nicht vor Übergriffen. TäterInnen werden vielfach nicht strafrechtlich verfolgt.“
Ein Staat, der nicht willens oder in der Lage ist, seine Bürger*innen vor Übergriffen zu schützen und Täter straffrei davon kommen lässt, verdient nicht das Prädikat „sicherer Herkunftsstaat“.
Mit der Einstufung als „sicherer Herkunftsstaat“ verkürzt man auch denjenigen die Rechtswegegarantie des Grundrechts auf Asyl, die bislang als Verfolgte anerkannt werden.
Statt das Asylrecht und den Flüchtlingsschutz weiter auszuhöhlen, sollten wir uns für einen humanitären Umgang mit Flüchtlingen einsetzen:
Deshalb müssen die Residenzpflicht und die Beschränkung des Arbeitsmarktzugangs durch Vorrangprüfung und Arbeitsverbot für Flüchtlinge fallen! Die Aufhebung des verfassungswidrigen Asylbewerberleistungsgesetzes würde die Kommunen finanziell entlasten und Flüchtlingen eine menschenwürdige Gesundheitsversorgung garantieren.
Statt Flüchtlingsgruppen gegeneinander auszuspielen, brauchen wir eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern zur Unterstützung der Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme.
Roma sind die am heftigsten verfolgte, am meisten diskriminierte und gleichzeitig ärmste Gruppe von Menschen in Europa. Es bedarf einer Anstrengung der EU, endlich die Situation der Roma in ihren Mitgliedsstaaten und bei den Beitrittskandidaten zu verbessern und die Menschenrechte der Roma zu verwirklichen!
Auch in Deutschland sind Sinti und Roma in den verschiedensten Lebensbereichen von Ausgrenzung und Stigmatisierung betroffen. Besonders die Kinder aus Roma-Familien verfügen über schlechte Integrationschancen und auch der ungesicherte Aufenthaltsstatus vieler in Deutschland lebender Roma trägt erheblich zu ihrer Marginalisierung bei. Markige Worte gegenüber Roma gibt es in Deutschland und Europa bereits im Überfluss. Ehrliche Stimmen, die helfen wollen, etwas an der Situation der Roma zu ändern, sind dagegen rar.
Als Grüne stellen wir sehr positiv fest, dass viele Kölnerinnen und Kölner Menschen, die in unserer Stadt Zuflucht suchen, möglichst rasch integrieren wollen und unterstützen sie bei diesem Weg als PatInnen oder MentorInnen.
Statt Ausgrenzung muss die Förderung des Spracherwerbs, der Zugang zu Bildung und Arbeit, und vor allem die Gewährleistung der Grundrechte auf Gleichheit, Schutz vor Diskriminierung und Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben im Vordergrund stehen. Dabei brauchen Kommunen wie Köln auch Unterstützung vom Land und vom Bund.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
wir appellieren an Ihre Vernunft, Ihr Herz und Ihre Solidarität. Herausforderungen in der Einwanderungspolitik lassen sich nicht durch Ausschluss sondern nur durch Integration lösen. Wir bitten Sie sich über die Menschenrechtssituation in den drei Staaten zu informieren, Ihre Position zu überdenken und sich mit uns gemeinsam für ein humanitäres Umsteuern in der Flüchtlingspolitik und eine Unterstützung der Kommunen einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Unterzeichner*innen

Unterzeichner*innen

Volker Beck, Kölner Bundestagsabgeordneter

Kirsten Jahn, Fraktionsvorsitzende BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Kölner Rat

Jörg Frank, Vorstandsmitglied der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Kölner Rat

Anne Lütkes, Sprecherin BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN KV Köln

Katharina Dröge, Kölner Bundestagsabgeordnete und Sprecherin BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN KV Köln

Arif Ünal, Mitglied des Landtages NRW

Andrea Asch, Mitglied des Landtages NRW

Arndt Klocke, Mitglied des Landtages NRW

Sven Lehmann, Landesvorsitzender NRW BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

Marion Heuser, Mitglied des Rates Stadt Köln

Manfred Waddey, Sprecher OV-Ehrenfeld BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Bezirksvertretung Ehrenfeld

Frank Jablonski, stellv. Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Bezirksvertretung Ehrenfeld

Matthias Welpmann, Mitglied des Rates der Stadt

Ralf Klemm, stellv. Bezirksbürgermeister Ehrenfeld

Mario Michalak, Sprecher OV-Lindenthal BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

Max Derichsweiler, Sprecher OV-Mülheim BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, Mitglied Landesvorstand NRW

Hans Schwanitz, Mitglied des Vorstands BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN KV Köln

Ahmet Edis, Mitglied des Integrationsrats der Stadt Köln

Brigitta von Bülow, Mitglied des Rates der Stadt Köln, Kulturpolitische Sprecherin BÜNDIS 90/DIE GRÜNEN

Firat Yurtsever, Mitglied des Rates der Stadt

Sabine Pakulat, Mitglied des Rates der Stadt

Berivan Aymaz, Mitglied des Rates der Stadt

Lino Hammer, Mitglied des Rates der Stadt

Mathias Wittmann, Sprecher OV Mülheim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Manfred Richter, Mitglied des Rates der Stadt

Svenja Rabenstein, Mitglied des Rates der Stadt

Judith Hasselmann, Präsidium KMV Köln

Julia Woller, Mitglied des Rates der Stadt

Roland Schüler, stellv. Bezirksbürgermeister Köln Lindenthal

Hasret Karacuban, Vorstand KV Köln

Jennifer Mense, Sprecherin OV Ehrenfeld BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ralf Unna, Mitglied des Rates der Stadt

Sebastian Bartsch, Vorstand KV Köln

 

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