Zu Chinas Nationalem Volkskongress und Hongkong

Anlässlich der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses und dem 14. Fünfjahresplan erklären Katharina Dröge, Sprecherin für Wirtschaftspolitik, und Jürgen Trittin, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:

Beim diesjährigen Nationalen Volkskongress stehen die Zukunft Hongkongs und die Verabschiedung des 14. Fünfjahresplans im Zentrum der mehrtägigen Beratungen. Xi Jinpings Motto ist klar: Stolz, Dominanz und Selbstbewusstsein – nach innen wie nach außen.

Nachdem letztes Jahr das sogenannte Sicherheitsgesetz beschlossen wurde, droht mit der Reform des 1200-köpfigen Wahlgremiums ein weiterer Sargnagel in das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ geschlagen zu werden. Die Wahlrechtsreform soll die Kontrolle der chinesischen Führung über die zukünftige Hongkonger Führung weiter ausbauen und der Macht der meist oppositionellen Stadträte einen Riegel vorschieben. Peking beendet so systematisch die Demokratie und die vertraglich zugesagte Autonomie Hongkongs. Doch mit dieser Verletzung seiner völkerrechtlichen Pflichten untergräbt China auch den Standortvorteil Hongkongs – das einst größere Rechtssicherheit gegenüber dem Festland bot.

Chinas wachsende internationale Unzuverlässigkeit betrifft auch seine Rolle als Wettbewerber und Partner Europas im Kampf gegen die Klimakrise und die Folgen der Corona-Krise. Chinas Zusagen etwa im Rahmen des EU-China-Investitionsabkommens stehen bei den Beschlüssen des Nationalen Volkskongresses auf dem Prüfstand. Gerade im Fahrplan für die nächsten fünf Jahre muss beschrieben sein, dass China in dieser Zeit die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gegen Zwangsarbeit ratifiziert. Das wäre zumindest ein Signal, dass China seine Pflichten im Rahmen der politischen Einigung zum EU-China-Investitionsabkommen ernstnimmt. Dennoch darf sich die EU bei Fragen der Zwangsarbeit nicht auf vage Zusa gen verlassen. Die EU-Kommission muss ein Importverbot für Produkte, die in Zwangsarbeit entstanden sind, in das EU-weit geplante Lieferkettengesetz verankern.

Chinas Ziel, die eigene Wirtschaft unabhängiger zu machen und eigene Standards für die Industrie zu setzen, könnte den Marktzugang für europäische Unternehmen weiter verschlechtern. Die Glaubwürdigkeit der gerade erst im EU-China-Investitionsabkommen gemachten Zusagen beim Marktzugang wird so noch fraglicher. Die EU muss sich deshalb besser gegen Dumping und staatliche Industriesubventionen schützen. Dafür ist die Umsetzung des Weißbuches von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ein wichtiger Schritt. Das EU-Instrument für einen faireren Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen muss die EU ebenfalls endlich verabschieden, um Wettbewerbsverzerrungen zu verringern.</>

Im Mittelpunkt des 14. Fünfjahresplans wird neben langfristigem Wachstum, Unabhängigkeit im Technologiesektor und mehr Binnenkonsum auch die Umsetzung der Klimaziele im Mittelpunkt stehen. Hier muss China konkrete Beschlüsse liefern, wie das Land vor 2060 CO2-Neutralität erreichen und Xi Jinpings Ankündigungen mit konkreten Politiken unterlegen will. So sollte der 14. Fünfjahresplans konkrete Maßnahmen für den Stopp des Baus und der Finanzierung von Kohlekraftwerken – auch in Drittstaaten – enthalten. Für die Klimakonferenz in Glasgow müssen die größten Verschmutzer China, USA und Europa neue ambitioniertere Zusagen vorlegen. Gerne auch gemeinsam – denn nur so kommt die W elt auf den 1,5-Grad-Pfad.

 

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