- Deutscher Bundestag
Berlin - 240 Seiten geheime TTIP-Texte hat Greenpeace geleakt. 240 Seiten, auf denen man nun nachlesen kann, wie sich die EU und USA nach aktuellem Stand das TTIP-Abkommen vorstellen. 240 Seiten die bisher „top secret“ waren. Nur Regierung und Abgeordnete des Bundestages durften sie sehen, aber nicht darüber sprechen. Andernfalls drohten drei Jahre Haft.
Wir Grünen haben lange gefordert, dass es bei TTIP mehr Transparenz gibt. Aus diesem Grund haben wir Klage gegen die Bedingungen des Leseraums beim Europäischen Gericht eingereicht. Wir sind überzeugt: Für eine sorgfältige demokratische Kontrolle braucht es Transparenz. Es braucht einen öffentlichen Dialog darüber, was wir als Europäer wollen und was wir nicht wollen. Dieser Dialog wird durch die TTIP-Leaks besser möglich. Hier gibt es einen Überblick über die wichtigsten Punkte.
Vorsicht ist besser als Nachsicht? Nicht in TTIP!
Bei Umwelt- und Verbraucherschutz prallen zwischen EU und USA zwei Welten aufeinander. Während in der EU das Vorsorgeprinzip gilt, wird in den USA der sogenannte „wissenschaftsbasierte Ansatz“ verfolgt. Der Unterschied zwischen den beiden Herangehensweisen ist groß. In der EU kann ein Produkt verboten werden, wenn es deutliche Hinweise gibt, dass es gesundheitsschädigend ist. In den USA hingegen darf ein Produkt erst dann verboten werden, wenn „wissenschaftlich bewiesen“ ist, dass es gefährlich ist. Das ist eine viel höhere Hürde und oftmals nicht möglich.
In den TTIP-Texten taucht an zahlreichen Stellen der „wissenschaftsbasierte Ansatz“ auf. Die USA drängen an vielen Stellen darauf, dass dieser verwendet wird. Das Vorsorgeprinzip ist in den Texten nicht zu finden. Man muss also befürchten, dass das Vorsorgeprinzip TTIP nicht unbeschadet überstehen wird.
Bürokratiemonster regulatorische Kooperation
Behörden aus der EU und den USA sollen bei neuen Verordnungen und Gesetzen enger zusammen arbeiten. Klingt erstmal gut, ist aber bei genauerem Hinsehen ein echtes Problem. Denn durch TTIP sollen zahlreiche neue Ausschüsse mit unklaren Kompetenzen geschaffen werden. In diesen sollen dann nicht nur staatliche Vertreter sitzen, sondern vor allem auch sogenannte Stakeholder – ein anderes Wort für Lobbyisten.
Die neuen Ausschüsse werden viele Regulierungsentwürfe noch vor den Parlamenten zu sehen bekommen. Sie sollen diese auch teilweise abändern und hinauszögern können. Ihr Ziel ist dabei nicht das Allgemeinwohl, sondern einzig die Förderung von Handel. Andere Ziele wie der Verbraucher- und Klimaschutz oder die Sicherung von Arbeitnehmerrechten können so leicht unter die Räder geraten.
Und das war jetzt alles? Mitnichten!
Auch wenn jetzt viele Dokumente öffentlich sind: Es gibt viel mehr Texte, die EU-Kommission und USA noch geheim halten. Zu den hoch problematischen Klageprivilegien für Großkonzerne (ISDS) gibt es bislang keine Texte. Wir wissen aber, dass darüber verhandelt wird. Ebenso fehlen Entwürfe für Anhänge zu den einzelnen Kapiteln. Diese Anhänge sind das Kleingedruckte des Vertrags. Schwer verständlich aber entscheidend. Echte Transparenz gibt es also immer noch nicht.
Was jetzt passieren sollte
Aus den TTIP-Leaks gibt es für mich nur eine logische Konsequenz: Diese Verhandlungen müssen gestoppt werden. Wir brauchen einen Neustart, eine grundlegende Kurskorrektur der Europäischen Handelspolitik. Wir brauchen eine öffentliche Debatte in der EU, was wir mit unserer Handelspolitik erreichen wollen. Wir Grünen haben dafür einen Vorschlag gemacht. Unser Positionspapier „Nur fairer Handel ist freier Handel“ zeigt einen Weg zu einer nachhaltigen Handelspolitik.
In dem Papier fordern wir, dass das Vorsorgeprinzip in allen Handelsverträgen der EU verankert wird. Klageprivilegien für Großkonzerne lehnen wir ab, genauso wie die Verwässerung unserer Schutzstandards. Auch der Klimaschutz muss in neuen Verträgen berücksichtigt werden und darf nicht an den Rand gedrängt werden.