Die falschen Antworten auf Donald Trump

Auf dem Treffen der G-20-Finanzminister in Baden-Baden kündigte sich der neue Global Player des Protektionismus an: US-Finanzminister Steven Mnuchin verhinderte ein gemeinsames Bekenntnis zu einem internationalen freien Handel.  Trumps Protektionismus wird Abwärtsspiralen auslösen, die am Ende alle treffen – insbesondere die Ärmsten. Trotzdem sind Freihandelsabkommen wie CETA nicht die Lösung.

Für Sigmar Gabriel war die Sache klar: Die Antwort auf die Abschottungspolitik von Donald Trump müsse der Abschluss des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens CETA sein. Das verkündete er bei seiner letzten Rede als Wirtschaftsminister im Deutschen Bundestag.

Ein einfaches „Weiter-so-wie-bisher“ – mehr haben vor dem G-20-Gipfel weder Gabriel noch seine Nachfolgerin Brigitte Zypries als Antwort auf die protektionistischen Reformpläne der Trump-Regierung zu bieten.

Dass das Wirtschaftsministerium Trumps Protektionismus gleichzeitig als neues Verkaufsargument für seinen CETA-Kurs nutzt, ist falsch – und gefährlich. Denn Populistinnen und Populisten auf beiden Seiten des Atlantiks nutzen die Ängste vor der Globalisierung für ihre Politik aus.

Deshalb ist es falsch, jene ultraliberale, gestrige Freihandelspolitik fortzuführen. Die Antwort muss stattdessen eine andere Handelspolitik sein.

Der G-20-Gipfel sollte die wirtschaftliche Dimension der Globalisierung neu debattieren und anders evaluieren: Jetzt braucht es eine Politik, die bereit ist anzuerkennen, dass die Globalisierung der letzten Jahrzehnte zwar vielen auf der Welt Wohlstand und Wachstum gebracht hat, gleichzeitig aber auch zu einer scharfen Spaltung zwischen Gewinner/innen und Verlierer/innen beigetragen hat.

Dass Umwelt- und Sozialstandards zurücktreten mussten gegenüber den Profitinteressen der Konzerne. Dass gut bezahlte Jobs ausgelagert oder durch Leiharbeit ersetzt wurden. Und dass viele Entwicklungsländer keine Chance hatten, ihre heimische Wirtschaft in Ruhe zu entwickeln.

Wenn man die gemischte Bilanz der bisherigen Globalisierung nicht aufgreift, wenn man hierfür keine überzeugenden Lösungsvorschläge bietet, dann stärkt das die Erzählung der Nationalistinnen und Nationalisten.

Nicht deshalb, weil Protektionismus und Nationalismus tatsächlich in der Lage wären, die Probleme zu lösen, sondern weil Populistinnen und Populisten schon allein dadurch ein Alleinstellungsmerkmal haben, dass sie als einzige die Schattenseiten der Globalisierung thematisieren.

Dabei sind ihre Antworten genau die falschen: Strafzölle und Grenzmauern lösen Handelskriege aus und mit ihnen Abwärtsspiralen, die am Ende alle treffen – insbesondere die Ärmsten.

CETA ist keine Lösung

Um hier gegenzusteuern, braucht es endlich eine Politik, die bereit ist, die Globalisierung aktiv zu gestalten. Eine Politik, die auf gute Regeln für einen fairen Welthandel setzt. Das ist möglich. Aber nicht mit der aktuellen Handelspolitik der EU. Und nicht mit bilateralen Handelsabkommen wie dem CETA-Abkommen.

Gerade die EU – als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und als erfolgreiches Modellprojekt für die Zusammenarbeit von Staaten – kann beweisen, dass es gute Antworten und Lösungsmodelle gibt. Dass eine faire Globalisierung möglich ist, die nicht protektionistisch, aber auch nicht ultraliberal ist.

Eine globalisierte Welt, die ohne Grenzen auskommt, aber eben doch für gute Arbeitsbedingungen sorgt. Die Armut reduziert und nachhaltigen Wohlstand schafft. Die Menschenrechte und Klimaschutz stärkt.

Und es gibt längst konkrete Vorschläge wie faire Handelsabkommen aussehen könnten: Natürlich würden sie Zölle senken und technische Standards vereinheitlichen. An die Herstellung von Gütern müssten jedoch soziale und ökologische Mindestanforderungen gestellt werden.

Sensible Bereiche – wie die Gesundheit, die Bildung, die Kultur oder die kommunale Daseinsvorsorge – müssten ausgenommen werden können. Die Pariser Klimaziele, das Europäische Vorsorgeprinzip sowie Unternehmensverpflichtungen zur Einhaltung von Menschenrechtsstandards müssten verankert werden. Und das unfaire System der Konzern-Schiedsgerichte müsste beendet werden.

CETA hat all diese Kriterien nicht erfüllt. Es jetzt gegen einen breiten öffentlichen Widerstand durchzusetzen, wie Gabriel das in der Vergangenheit versucht hat, ist deshalb das falsche Signal.

Für mich als Grüne ist klar, dass es keine Zustimmung zu CETA geben kann. Aus diesem Grund haben wir die Bundesregierung im Bundestag aufgefordert CETA abzulehnen.

Politik für einen fairen Welthandel

Ja – Europa sollte die Handelspolitik nutzen, um ein Zeichen zu setzen gegen Donald Trump. Und die fortschrittliche kanadische Regierung unter Justin Trudeau kann dabei ein zentraler Partner sein. In diesem Sinne kann die Debatte um Ceta eine Chance darstellen.

Gemeinsam mit Kanada können wir ein neues, beispielhaftes Abkommen erarbeiten, das zum Sinnbild werden kann für eine neue, faire Handelsstrategie.

Gleichzeitig sollte die EU eine Initiative für mehr Multilateralismus in der Weltwirtschaft starten, für mehr gemeinsame Handelspolitik weltweit – gerne im Bündnis mit all jenen Staaten, denen Trump nun den Handelskrieg erklärt hat. 

Denn was der neue US-Präsident betreibt, ist eine Politik des „Teile und Herrsche“, eine Kategorisierung der Welt in Gut und Böse. Darauf muss die EU mit mehr Zusammenarbeit, mit mehr gemeinsamen Regeln antworten.

Mit mehr gemeinsamen Investitionen und einer besseren Koordinierung innerhalb der EU. Und faireren Regeln für die Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern sowie der Stärkung multilateraler Institutionen.

Tatsächlich tut sich etwas: EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat kürzlich gemeinsam mit ihrer kanadischen Amtskollegin Chrystia Freeland eine Initiative für einen multilateralen Handelsgerichtshof gestartet. Auch wenn das Konzept dafür bislang nicht überzeugt: Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Auf dem G20 Gipfel in Hamburg wird es Aufgabe von Angela Merkel sein, weitere Schritte in diese Richtung einzufordern. Vor allem Donald Trump, aber auch viele andere Staatschefs muss sie zu einem Bekenntnis zu multilateralen Lösungen drängen und konkrete Vorschläge machen, wie mehr multilaterale Kooperation erreicht werden kann.

Dazu könnte Merkel etwa eine Abkehr von bilateralen Abkommen wie TTIP, dem EU-Japan Abkommen oder dem EU-Singapur Deal vorschlagen und sich innerhalb der EU für einen Schwerpunkt auf multilaterale Lösungen im Rahmen der WTO stark machen.

Bisher hat die Kanzlerin jedoch ganz im Gegenteil angedeutet, dass sie weiter an TTIP festhalten wird und auch andere Abkommen dieser Art unterstützt. Deshalb ist ein Machtwechsel in Deutschland eine wichtige Voraussetzung für einen echten Kurswechsel in der europäischen Handelspolitik.

Dieser Artikel ist auch auf der Homepage der Böll-Stiftung erschienen.

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